Schriftenreihe der Kunststiftung NRW
Uljana Wolf
Ferngespräche
mit Muttersprache
Die Thomas-Kling-Poetikdozentur
Was hat ein großes rotes Aufblastelefon mit Übersetzungstheorie zu tun? Was bedeutet es, eine Sprache durch eine andere hindurch anzurufen? Und ist es Zufall, dass »Stille Post« im Englischen »telephone game« heißt? Entlang der Geschichte der Telekommunikation entwickelt Uljana Wolf eine rauschende Poetik des produktiven Missverstehens. Es geht um Nähe und Ferne, um die Überbrückung von Distanz, vor allem aber um ein Zuhören, das immer auch ein »Verhören« beinhaltet.
Uljana Wolf gehört zu den bedeutendsten und faszinierendsten Lyrikerinnen ihrer Generation. Ihr Werk wurde vielfach ausgezeichnet und in mehr als zwölf Sprachen übersetzt. In ihrer Thomas-Kling-Poetikvorlesung demontiert sie lustvoll den Mythos einer national und patriarchal konstruierten Identität und einer uns eindeutig mitgegebenen Muttersprache. Mit Unterstützung literarischer Gewährsleute von Yoko Tawada über Daniela Seel bis Emine Sevgi Özdamar entwirft sie ein poetisches Programm, das sich gegen jede Form der einfachen Sinnzuschreibung verwahrt: ein virtuoses Plädoyer für die Widerspenstigkeit der Sprachen und eine Feier des sich stetig verschiebenden Sinns.
Die Thomas-Kling-Poetikdozentur wird seit 2011 von der Kunststiftung NRW an der Universität Bonn ausgerichtet.Die Antrittsvorlesungen der mittlerweile dreizehn Autorinnen und Autoren entfalten ein breitgefächertes Spektrum an Reflexionen und Theorien über die Kunst des Sprechens, der Dichtung, der Übersetzung und des Erzählens.